Ein gruseliger Fund im neuen Kleid

Ich bin über das immer besser funktionierende Wiener Fair Fashion – Netzwerk gestern Abend über eine Geschichte gestolpert, bei der es mir kalt den Rücken runter geronnen ist. Eine Frau kaufte sich in England um zehn Pfund (12.5 Euro) bei Primark ein Kleid, und schaut am Abend mal nach der Waschanleitung, und findet ein eingenähtes Label, auf dem Folgendes steht:

„Forced to work exhausting hours“ („Gezwungen, erschöpfende Stunden zu arbeiten“)

Stellt euch mal vor, ihr kauft so ein Kleid (also die von euch, die noch zu Primark gehen 😉 ). Also mir würde eiskalt werden. Wurde der Dame auch.

Screenshot (c) metro.co.uk,  (Picture: Matthew Horwood © WALES NEWS SERVICE)

Screenshot (c) metro.co.uk, (Picture: Matthew Horwood © WALES NEWS SERVICE)

Ich bin WIRKLICH gespannt, wie es jetzt weitergeht. Primark will das Kleid unbedingt haben, um rausfinden zu können, wo es herkommt. Nun ja, brauchen sie es dazu wirklich, oder wollens nur sichergehen, dass die Dame damit nicht weiter an die Medien geht? Ich hoff, sie gibts ihnen nicht, ganz ehrlich. Primark muss imstande sein, auch durch ein abfotografiertes Kleid und deren Labels rauszufinden, wo es produziert wurde – sie habens schließlich in Auftrag gegeben, Himmelnochmal.

Sie selbst hat geschworen, das Kleid nie anzuziehen. Ich frag mich nur, ob sie sich stattdessen halt bei einem anderen FastFashion-Anbieter ein Kleid holt, und es stattdessen trägt, obwohls mit hoher Wahrscheinlichkeit unter ähnlichen Zuständen produziert wurde? Nur dass sie es besser verdrängen kann, weils ja im anderen Kleid nicht drin steht? Ich hoffe nicht. In ihren Zitaten wirkt sie sehr nachdenklich. Ergo darf da schon die Hoffnung keimen: Eine Person aus Bangladesch hat eine Person aus Großbritannien zum Umdenken gebracht. Schön, eigentlich. Und doch so wahnsinnig traurig.

Apropos Primark, apropos Metro: Einerseits schön, dass Primark es schafft, ein Shirt durch die gesamte Produktionskette laufen zu lassen, ohne dass jemandem auffällt, dass beatutiful statt beautiful draufsteht. Noch schöner: Metro haut in den zweiten Satz des Artikels ebenfalls einen Tippfehler rein (oder weiß wer, was afirfming heißt? Ich kenn nur affirming)

Edit: Einige vermuten einen Fake dahinter. Ich denke, selbst wenns einer ist: Es ist wirklich eine gelungene Aktion und schafft Aufmerksamkeit für die, die sonst immer ignoriert werden. 

 

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27 Gedanken zu „Ein gruseliger Fund im neuen Kleid

  1. Lia sagt:

    Wer weiß, ob sie es wirklich von Primark hat oder ob sie das Label nicht selbst reingemacht hat um Aufmerksamkeit zu erregen. Kann verstehen, dass Primark das Kleid haben möchte.
    Sie versucht so auf das Thema mit den armrn Nähern aufmerksam zu machen. Im Prinzip gut, aber es würde auch ohne Lüge gehen.
    Sie hätte zum Beispiel sagen können, dass solche Schilder eigentlich in unter unfairer Bedingungen produzierten Kleidungsstücken hängen sollten.

    • nunette sagt:

      Weißt du da mehr oder unterstellst ihr das, dass sie es selbst eingenäht hat. Und offen gesagt, selbst wenns ein Schmäh von ihr ist, dann ist es ein verdammt gut gelungener….

  2. Susanne sagt:

    Metro haute da gaaanz viele Tippfehler rein! (ich glaub das war Absicht) 😉
    Aber weil unser Gehirn solche Fehler meist automatisch richtigstellt, ist es sowohl den Primark Mitarbeitern und Kunden, als auch dir beim Lesen des Artikels nicht aufgefallen. viel Spaß beim Suchen!

    • nunette sagt:

      Doch doch, mir sind noch ein paar aufgefallen 😉 Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass das Absicht war. Wie peinlich wäre das denn bitte, bewusst in einen Beitrag, in dem man sich über einen Tippfehler mokiert, Tippfehler reinhauen? Macht ja gar keinen Sinn 🙂

  3. Stadtpflanze sagt:

    Ich finde dieses Kleiderschild richtig toll – wer immer sich das ausgedacht hat, hat ganze Arbeit geleistet.

  4. Friederike sagt:

    Schön ist auch „msitake“ dirket im ersten Satz. 😀

  5. Birgit sagt:

    Wegen der Billigproduktion – da dürfte man gar nix mehr kaufen – selbst teure Marken werden billigst hergestellt! Also ran an die Nähmaschine! Dann wissts von wems ist! Aber beim Stoff wäre ich mir da auch nicht so sicher, also am besten Schafe züchten, damits genug Wolle habts!!

  6. creezy sagt:

    Tragisch, dass es solcher „Aktionen” braucht, damit Menschen begreifen, dass in vielen „Günstig-Kleidungsketten” nur auf Kosten derer verkauft werden kann, die mit ihren Händen und Schweiß produzieren.
    Haben also Hunderte von verbrannten oder nach Einstürzen zu Tode gekommene Näher und Näherinnen nicht ausgereicht, um zu verstehen?

  7. EriksMama sagt:

    „Leider Geil“

    Ich denke die wenigsten sind sensibel für das Thema Faire Mode. Ich brauche nur bei uns in München in die Kaufinger Straße zu gehen, um zu erkennen, dass nicht mehr gekauft wird weil etwas gebraucht wird, sondern es um das Kaufen als Erlebnis geht. Beim Shopping wird erwiesenermaßen das Glückshormon Dopamin freigesetzt…

    Es ist eigentlich egal, ob sie es selber eingenäht hat oder nicht. Wichtig ist das Zeichen, welches dadurch gesetzt wird. Man darf nicht aufhören, darüber zu sprechen, zu informieren, andere mit der Idee der „fairen Mode“ zu infizieren. Damit endlich mehr Druck seitens der Konsumenten auf diese Billigmodehäuser ausgeübt wird. Diese gezwungen sind ihre NäherInnen fair zu bezahlen, damit endlich kein Blut mehr an der Kleidung klebt!!

    Katrin

  8. […] ist – sie fand in einem Kleid von Primark ein zusätzliches eingenähtes Label, auf dem “Forced to work exhausting hours” stand. Eine Geschichte, die in einem einzigen Bild zeigt, welch unmenschliche Zustände bei […]

  9. gnaddrig sagt:

    Primark will das Kleid unbedingt haben, um rausfinden zu können, wo es herkommt. Nun ja, brauchen sie es dazu wirklich, oder wollens nur sichergehen, dass die Dame damit nicht weiter an die Medien geht?

    Ich vermute, die wollen rausfinden, wo es herkommt und wer das zusätzliche Etikett dort reingemacht hat, um die Person entsprechend sanktionieren zu können bzw. dem betreffenden Zulieferer dafür die Hölle heiß machen zu können. Ist ja geschäftsschädigend, so ein spaßverderbendes Etikett, gehört also unterbunden…

    • nunette sagt:

      So zynisch das jetzt wiederum klingt: Genau das könnten sie auch machen, wenn sie nur Fotos von dem Kleid und dem Label haben. 😦

      • gnaddrig sagt:

        Jein. Wenn sie das Kleid mit dem Etikett haben, können sie es untersuchen lassen und herausfinden, wie plausibel die Geschichte ist. Kann ja wirklich sein, dass irgendwer zwischen Nähmaschine und Primark-Laden das Etikett da reingenäht hat, also nicht die Näherin selbst. Vielleicht ein Aktivist im Laden in Großbritannien, wäre ja denkbar.

        Keine Ahnung, ob und wie man das herausfinden kann, aber wenn überhaupt dann nur mit dem Originalkleid.

        Dass sie nebenbei das Kleid gern auch aus dem Verkehr ziehen würden, leuchtet ein. Aber dazu ist es ja jetzt sowieso schon zu spät, die Milch ist gründlich verschüttet.

  10. marc sagt:

    Ich hatte das Thema auf meinem FB Blog bei der Eröffnung des ersten Primark Shops in Berlin. Wo Horden von blökenden Mädchenmassen alles rafften, was nur ging…und mit 5-6 vollen Tüten rausschlurften – so als ob grad der Krieg zuende gegangen wäre. Allein nur der Hinweis, auf die gerade eingestürzte Nähfabrik in Bangladesh, veranlasste viele böse Kommentare mit diesem Tenor: „Ich sei überheblich, denn immerhin gäbe es viele, die sich keine teure Klamotten leisten könnten. Da sei Primark & Co eben die einzige Möglichkeit für Hartz 4 Empfänger und andere Arme!” Arme beuten noch Ärmere aus?

  11. MarieAnn sagt:

    Ich kann dieses Argument, kann mir halt nichts treueres leisten auch nicht mehr hören!!
    Meine Erfahrung ist eher diese: Toll so billig, da kann man sich ja richtig viel leisten!!
    Und durch dieses ganze Billige wächst der Druck noch billiger zu produzieren um auf dem Markt bestehen zu können. Und das auf Kosten von Menschen und Umwelt.

  12. Ruth Haremsa sagt:

    Der Konsument entscheidet mit seinem Kauf, unter welchen Bedingungen Textilien produziert werden. Die Kritik beeindruckt die Unternehmen nur im Hinblick auf ihre Image-Gestaltung. Handeln tun sie erst, wenn Sie auf Ihrer Ware sitzen bleiben. Hohe Gewinne erzielt man in der Textilbranche nur, wenn man billige Materialien verwendet und Arbeitskräfte ausbeutet – oder Kompromisse eingeht und öfter mal wegschaut, wenn’s unsauber zugeht in der Produktionskette…. “Wertarbeit” finden alle super- aber kaum einer möchte sie bezahlen. Wer weniger kauft, kann sich auch höherwertige Dinge leisten, und kann damit den Markt in Richtung faire Produkiton beeinflussen.

  13. mukolama sagt:

    Ich war noch nie in so einem Primark. Aber ich lese immer wieder davon, dass man dort Schlange stehen muss, um reinzukommen (bei Erföffnungen? Immer?), dass sich die Kunden dort gegenseitig die Klamotten wegreißen und dass die Leute mit 5-6 Taschen voll Kleidung wieder rauskommen. Jetzt frag ich mich: Was bitte gibt es dort, dass der Laden so heiß begehrt ist? Billigmode kriegt man ja auch sonst überall?
    Zur Geschichte selbst: Ich finds eigentlich auch egal, ob Fake oder nicht. Wenn dadurch auch nur ein paar Leute umdenken, hat es was gebracht.

  14. Gruselig? Vielleicht für die, die keine Nachrichten lesen oder hören. Oder nicht lesen oder hören wollen. Ich denke, wer es heute noch nicht mitbekommen hat, unter welchen Bedingungen fast alle unsere Billigware (und gar nicht so selten auch die teureren Sachen) hergestellt wird, dem wird auch dieses Schildchen nicht die Augen öffnen – sei es nun echt im Kleid oder nur auf dem Foto.

    Wer es bislang geschafft hat alle Nachrichten zu ignorieren, der schafft es auch, diese hier zu ignorieren.

  15. Kerstin sagt:

    Ich finde die Ausbeutung der Näherinnen auch schrecklich und kaufe selbst faire Mode. Trotzdem: Auch im Auftrag einer guten Sache ist Lügen falsch. Der Zweck heiligt nicht die Mittel.

  16. […] Und wo sonst die Schlangen zur neuen Filiale anstehen, stehen jetzt gerade die Demonstranten. Ja, die Labels waren fake, aber dieses Foto zeigt einfach perfekt, wieviel Sinn die Aktion gemacht hat. Wow, wär ich grad […]

  17. […] werden. Am Kleidungsstück selbst ist ja nichts erkennbar (außer, es befinden sich etwas “andere” Einnäher drin wie damals bei Primark). Aber dass es so komplett ausgeblendet wird, das stört mich. Nur schöne Bilder von glücklichen […]

  18. […] was ich davon halten soll. Primark hat mal wieder Brösel, und ich kann nicht einschätzen, ob das wieder ein (sehr gut gemachter) Fake ist oder ob es diesmal echt ist. In einem Paar Socken von Primark, made in China, wurde ein […]

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